Pulsierende Lebensader
Im Unterschied zu Lech und Tagliamento ist die Isel zudem ein Gletscherfluss. Sie entspringt am Umbalkees, hoch oben in der Wildnis des Nationalparks Hohe Tauern. Vom Gletscher rauscht sie als pulsierende Lebensader Osttirols hinab bis zu ihrer Mündung in die Drau in Lienz. Derart verbindet sie die Weite alpiner Abgeschiedenheit mit der Kulturlandschaft im Talboden.
Rare Ursprünglichkeit
Mit ihren Zubringern bildet sie ein riesiges ursprüngliches Gewässersystem. Auch ihre Zuflüsse sind weitgehend unberührt, eine Garantie für reinste Wasserqualität. Eine Seltenheit in der intensiv vom Menschen geprägten Landschaft. Die Isel ist somit der längste noch frei fließende und daher ökologisch funktionsfähige Gletscherfluss der gesamten Alpen.
Schwankende Wasserführung
Gletscherflüsse sind anders: Ihre Wasserführung schwankt je nach Tages- oder Jahreszeit deutlich, abhängig von der Schmelzwasser-Spende durch die Gletscher im Einzugsgebiet. Die Wasserführung von Gletscherflüssen in den Sommermonaten wird durch die Gletscherschmelze bestimmt und zeigt einen typischen Tagesgang: An einem kühlen Morgen fließt viel weniger Wasser als am Abend, weil der Gletscher weniger stark auftaut. Am frühen Nachmittag ist die Sonneneinstrahlung am Gletscher hingegen am stärksten, das Eis rinnt dahin. Im Fall der Isel erreicht das Schmelzwasser erst am frühen Abend die Tallagen und trifft in der Nacht bei der Mündung der Isel in Lienz ein.
Dynamischer Flussraum
In so einem dynamischen Flussraum können Hochwässer die Schottermassen umlagern und so immer neue Inseln, Schotterbänke und Uferbereiche schaffen. Dabei entstehen permanent neue Lebensräume, die wieder besiedelt werden. Das nennt man in der Fachwelt: Pionierstandorte. Diese sind Voraussetzung für eine Reihe von seltenen Tier- und Pflanzenarten, die sich an die ständige Veränderung angepasst haben und sie für ihren weiteren Bestand benötigen.
Pflanzenrarität Tamariske
Eine derartige Pflanze ist die Deutsche Tamariske (Myricaria germanica), die als einzige ihrer Gattung in Mitteleuropa vorkommt. Sie war früher – jedes ältere Botanik-Buch ist Zeuge – an unseren Flüssen weit verbreitet. Heute ist sie eine Rarität. Da sie sehr lichtbedürftig ist, Weiden und Erlen sie aber leicht überwuchern, kann sie sich auf Dauer nur dort halten, wo durch die Umlagerungsarbeit von Flüssen immer wieder neue Sand- und Schotterbänke entstehen.
Schutzgebiet als Flora-Fauna-Habitat
Die Tamariske ist ein untrügliches Indiz für die ungestörte Dynamik und ökologische Funktionsfähigkeit eines Flusses. Aus diesen Gründen wurde die Isel als Schutzgebiet gemäß der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU ausgezeichnet. Die Tamarisken sind vor allem im unteren Iseltal zu finden. Bitte die Tamarisken mit Respektabstand erleben und die Schotterbänke wegen brütender Vögel nicht betreten!